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Was macht ein Facilitator? Vermittler in der Unternehmensführung

Ein Facilitator ist Prozessentwickler, Knotenlöser, Impulsgeber und Moderator. Mit anderen Worten: Er übernimmt Führung. 

Produktivität, Kreativität und Effizienz Ihrer Teams stehen für Sie an vorderster Front? Dann haben Sie vermutlich folgende Sorgen:

Erstens: Wie sorgen Sie dafür, effiziente Prozesse einzuführen und Engpässe zu identifizieren, die die Leistung ihrer Teams beeinträchtigen könnten?

Zweitens: Wie schaffen Sie ein Umfeld, das Kreativität fördert und Mitarbeiter dazu ermutigt, neue Wege zu denken und Risiken einzugehen?

Drittens: Wie vermeiden Sie Ineffizienz und toxische Spannungen zwischen Ihren Teams?  

Schon in kleineren Unternehmen finden Facilitator heutzutage ihren Platz. Zurecht. Selten als eigenständige Position im Unternehmen ausgeführt, ist die Rolle des Vermittlers als ständige Aufgabe der Unternehmensführung zu sehen. In diesem Zusammenhang spielt die Rolle des Facilitators im sogenannten New Work-Diskurs eine zunehmend wichtige Rolle. Dabei ist Facilitation bei näherer Betrachtung ein alter Hut im neuen Gewand. Was macht ein Facilitator, und warum sollte er als Vermittler in der Unternehmensführung betrachtet werden?

Was ist ein Facilitator?

Ein Facilitator ist eine Person, die mehrere Teams dabei unterstützt, effektiver zu arbeiten. Sie lenkt Prozesse, koordiniert Diskussionen und vermittelt neutral zwischen Positionen. Facilitatoren helfen, die Kommunikation zu verbessern, Konflikte zu lösen, Entscheidungsfindung zu fördern und die Zusammenarbeit in einer Gruppe zu erleichtern. Ihre Rolle besteht darin, Prozesse zu unterstützen, ohne dabei inhaltlich einzugreifen. Vermittler stellen sicher, dass alle Teilnehmer die Möglichkeit haben, ihre Meinungen und Ideen einzubringen. 

Was macht ein Facilitator? 

Ein Facilitator verbringt seine Arbeitswoche also damit, Gruppen in verschiedenen Kontexten dabei zu unterstützen, effektiver zu arbeiten und ihre Ziele zu erreichen. Er ist Prozessentwickler, Knotenlöser, Impulsgeber und Moderator. Mit anderen Worten: Er übernimmt Führung. 

Der Tag eines Vermittlers beginnt oft mit der Vorbereitung auf bevorstehende Diskussionen oder Workshops. Je besser die Vorbereitung auf ein Meeting, desto besser das Ergebnis, das ist hinlänglich bekannt. Also, ran ans Werk: Agenda erstellen, Materialien vorbereiten, Präsentation entwerfen und den Einsatz von kreativen Methoden und Werkzeugen planen.

Einen Großteil des Tages verbringt der Facilitator in Gruppenbesprechungen. Das sind Strategiebesprechungen, Brainstorming-Sitzungen, Teambuilding-Übungen, Konfliktlösungssitzungen oder Entscheidungsfindungsprozesse. Je interdisziplinärer die Besprechungen sind, desto gefragter ist ein Vermittler in der Führung. Der Facilitator leitet die Diskussionen, moderiert die Aktivitäten, fördert die Zusammenarbeit und sorgt dafür, dass die Sitzung gemäß Zeitplan und Agenda verläuft.

Nach den Sitzungen – oder wahlweise am Ende des Tages – führt der Facilitator Follow-up-Arbeiten durch. Er versendet Zusammenfassungen, erstellt Aktionspläne, sammelt Feedback oder dokumentiert Ergebnisse. Seine Arbeit stellt sicher, dass die Besprechungen nicht im Sand verlaufen und dass die vereinbarten Maßnahmen umgesetzt werden. Und dann geht es auch schon wieder an die Planung zukünftiger Sitzungen, die Verwaltung von Terminen, Ressourcenplanung.

Wie sieht ein Facilitator-Tagesablauf aus?

Lassen Sie mich kurze Beispiele aus der Unternehmenspraxis skizzieren:

  1. Strategieworkshop:

Ein Technologieunternehmen plant eine neue Produktstrategie für das kommende Jahr. Das Führungsteam besteht aus Managern mit unterschiedlichen Hintergründen und Perspektiven: Produktmanager, Marketingleiter, Kulturverantwortliche, Business Development. Um sicherzustellen, dass alle Stimmen gleichermaßen gehört werden, aber auch kreative Absatzideen gefördert werden, kommt ein Facilitator zum Einsatz. Der Facilitator entwirft einen halbtägigen Strategieworkshop, der mit einer Gruppendiskussionen startet, eine Brainstorming-Sitzung anschließt und mit einer klar definierten Strategie endet. Die Ergebnisse fasst der Vermittler anschließend zusammen und präsentiert eine Go-To-Market Roadmap.

  1. Teambuilding-Retreat:

Das Technologieunternehmen hat kürzlich eine Fusion und mehrere Übernahmen durchgeführt und möchte nun die Zusammenarbeit und den Teamgeist zwischen den neu integrierten Teams verbessern. Der Facilitator organisiert deshalb ein dreitägiges Teambuilding-Retreat. Er plant eine Reihe von Aktivitäten, einschließlich Icebreaker-Spielen, Team-Building-Übungen und Reflexionsrunden. Während des Retreats arbeitet der Facilitator eng mit den Teams zusammen, um Vertrauen aufzubauen, Kommunikation zu verbessern und gemeinsame Ziele zu identifizieren. 

  1. Krisenbewältigungssitzung:

Das Technologieunternehmen steht nach allen Übernahmen vor einer schwerwiegenden Qualitätskrise, die zu Kundenbeschwerden und negativer Presse führt. Das Führungsteam des Unternehmens entscheidet sich, eine Krisenbewältigungssitzung abzuhalten, um das Problem schnell anzugehen und Lösungen zu finden. Der Facilitator führt mit seiner Erfahrung in Konfliktlösung und Krisenmanagement die Sitzung umsichtig. Er arbeitet mit dem Führungsteam zusammen und identifiziert zunächst die Ursachen der Krise. Anschließend erörtert er Lösungsoptionen und leitet einen Aktionsplan ab. Während der Sitzung fördert der Facilitator die offene Kommunikation und hilft bei der Moderation von hitzigen Kontroversen. 

Welche Fähigkeiten zeichnen einen Facilitator aus?

Ganz offensichtlich benötigt ein Facilitator dafür eine Vielzahl von Fähigkeiten. Um effektives Arbeiten in Gruppen zu ermöglichen, sollte man hervorragende Kommunikationsfähigkeiten besitzen. Informationen klar zu vermitteln, Fragen zu stellen und empathisch auf Anliegen der Gruppenteilnehmer einzugehen, ist eine Kernkompetenz. Gleiches gilt für Zuhören, um sicherzustellen, dass alle Stimmen gehört werden.

Um das zu erreichen benötigt ein Vermittler ein hohes Empathielevel. Er braucht eine schnelle Auffassungsgabe, um Perspektiven und Gefühle der Gruppenteilnehmer in der Moderation berücksichtigen zu können. Angenommen, es entsteht dennoch ein Konflikt, oder der Konflikt besteht schon vorab und soll in einer Diskussion aufgelöst werden. Ein Facilitator sollte über verschiedene Moderationstechniken verfügen, um schwierige Diskussionen zu lenken. Er muss die Aufmerksamkeit der Gruppe steuern und konstruktiv am Prozess arbeiten. 

Welche Eigenschaften halte ich noch für wichtig: Agilität und Flexibilität, um sich sich an neue Gesprächsumstände anzupassen. Analytische Fähigkeiten sind wichtig, um komplexe Informationen zu verstehen und Muster zu erkennen. Vertraulichkeit und Neutralität, um Meetings zwar strukturell zu führen, nicht aber meinungsbeeinflussend. Und Organisationsfähigkeit, um Sitzungen adäquat vorzubereiten und wertvoll zu führen

Welche Schnittstellen bestehen zwischen Vermittlung und Semiotik?

Jetzt ist es an der Zeit, die Brücke zur Semiotik zu schlagen. Semiotik ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich intensiv mit den Grundsätzen von Kommunikationskultur auseinandersetzt. Semiotiker besitzen aufgrund ihrer Expertise in Kommunikation und im Verständnis von Bedeutung die idealen Voraussetzungen für den Einsatz als Vermittler in der Unternehmenskommunikation.

Schließlich gilt es: 

  • Informationen klar zu vermitteln und komplexe Konzepte auf verständliche Weise zu erklären. 
  • Zwischen verschiedenen Disziplinen zu vermitteln und Verbindungen herzustellen. 
  • Muster zu erkennen und tiefergehende Bedeutungen und Motive zu entschlüsseln, die hinter den Aussagen der Teammitglieder stecken.

Sowohl Facilitatoren als auch Semiotiker müssen sensibel beobachten, Perspektiven und Interpretationen erfassen. Sie verfügen über komplementäre Skillsets.

Welche Methoden setzen Facilitatoren ein? 

Auch in der Frage, welche Methoden Vermittler und Semiotiker einsetzen, um ihrer Arbeit nachzugehen, ähneln sich beide deutlich: Verschiedene Moderationstechniken helfen in der qualitativen Marktforschung nicht nur Marketeers als Innovationstool, sondern auch Facilitatoren, um Diskussionen in Gruppen zu lenken. Sie setzen bekannte Visualisierungstechniken wie das semiotische Quadrat oder Mind Maps ein, um komplexe Ideen oder Konflikte zu veranschaulichen und mit Kommunikation zu führen.

Aber ich sehe durchaus Unterschiede: Vermittler sind häufig ausgebildet in Konfliktlösungstechniken, wie Aufstellungen, um Spannungen innerhalb einer Gruppe zu bewältigen und gemeinsame Lösungen zu finden. Ich kenne Facilitatoren, die Design-Thinking-Methoden nutzen, um kreative Lösungen für komplexe Probleme zu entwickeln. 

Das weicht von meinem methodischen Baukasten als Semiotiker doch klar ab. Ich ergründe die Motive und Bedürfnisse der Teilnehmer und ziehe anhand von Kodes Rückschlüsse auf deren Argumentation. Ich beziehe Kontexte wie Zugehörigkeit der Teilnehmer zu kulturellen Gruppen, Fachabteilungen oder das aktuelle Zeitgeschehen in die Bewertung von Diskussionen ein. 

Nichtsdestotrotz: Obwohl die Methoden unterschiedlich sind, können Facilitatoren und Semiotiker auf ähnliche Werkzeuge wie Gruppendiskussionen, Analysetechniken und Modellierungsansätze zurückgreifen.

An welcher Stelle im Unternehmen sollte man Facilitatoren einsetzen? 

Bleibt die Frage, an welcher Stelle im Unternehmen Facilitatoren ihre Stärken bestmöglich ausspielen. Die Antwort darauf ist: in der Entwicklung von Strategien, in der Gestaltung von Prozessen oder in der Unternehmenskommunikation. Sie helfen, die Wirkung von Marken und Marketingkampagnen zu verstehen. Sie unterstützen bei der Entwicklung und Gestaltung von Produkten. Sie sind gefragt im Change Management, in Forschung und Entwicklung und im Diversity Management.

Semiotisch begabte Facilitatoren können auch auf C-Level-Ebene wertvoll sein, insbesondere wenn strategische Entscheidungen in heterogenen Gruppen getroffen werden müssen. Dann führen sie Gespräche zur Bewertung von Unternehmensstrategien objektiv und treffen Entscheidungen auf Grundlage der holistischen Analyse aller Aspekte und unter Einbeziehung kultureller Kontexte. Hierin liegt übrigens auch der Unterschied zu den ebenfalls in einigen Unternehmen tätigen Scrum Mastern. Scrum Master verantworten die Umsetzung agiler Methoden in einem (Entwickler-)team.

Semiotisch versierte Facilitatoren steuern die Wirkung von Markenbotschaften und -aktionen im Unternehmen. Ihre Rolle in Markenführung und Reputationsmanagement sichert konsistente Markenkommunikation. Das Leitbild des Unternehmens wird aktiv vorgelebt. Die Vision des Unternehmens wird zum Leben erweckt. Die Werte des Unternehmens sind in jeder Diskussion präsent. So sorgen Vermittler dafür, dass die Unternehmenskultur in jedem Meeting sichtbar wird.

Unternehmen und Einzelpersonen sollten ihre Handlungen an Werten ausrichten – diese Werte sind der Kompass, der uns die Richtung weist. Mit klaren Botschaften, die auf dieser Grundlage basieren, gestalten wir nicht nur erfolgreiche Unternehmen, sondern führen auch ein sinnvolles Leben.

Dr. Klaus Kerschensteiner

Semiotiker

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